Platz
der Republik
Wer Altona kennt, kennt auch den stattlichen Platz zwischen Altonaer Rathaus und Bahnhof und seinen Park mit Rasenflächen, Bäumen und hölzernen Sitzbänken, in dem zwei gewaltige Zentauren aus Kupfer und Bronze um einen Fisch kämpfen. Auch ohne die Altonaer und Hamburger Geschichte genauer zu kennen, erahnt man angesichts der architektonisch vielseitigen Gebäude drumherum die historische Bedeutung des Ortes. Der Platz wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mehrfach umbenannt, je nach aktueller politischer Konstellation: Aus dem „Kaiserplatz“ wurde erst „Adolf-Hitler-Platz“, dann „Reichsplatz“, bis das Areal nach 1945 schließlich zu seinem Namen aus der Weimarer Republik zurückkehren konnte: Platz der Republik.
So interessant die historischen Zusammenhänge auch sind – für etliche Leute zählt vor allem, dass dies ein hervorragender Ort zum Boulespielen ist. Eine von ihnen ist Dany Berger, die seit fast vierzig Jahren hierherkommt. Mindestens einmal pro Woche, im Sommer fast täglich, verbringt sie hier einen großen Teil ihrer Freizeit: „Es ist einfach mein zweites Wohnzimmer. Ich liebe die absolute Freiheit: Man kann kommen und gehen, wann man will; man kann reden oder auch nicht… Im Mittelpunkt der Begegnung steht immer das Boulespiel unter freiem Himmel, aber natürlich ergeben sich auch manchmal Gespräche am Rande oder ein Austausch von Tipps für die Wohnungs- oder Jobsuche. Mir gefällt die interessante Mischung an Leuten unterschiedlichster Nationalitäten, Generationen und sozialer Milieus. Hier treffen sich Studierende, Geflüchtete, Arbeitslose oder Lohnarbeitende aller möglichen Berufe, zum Beispiel Angestellte von Airbus; es wird viel Französisch und Portugiesisch gesprochen. –
Besonders schön ist es hier natürlich an lauen Sommerabenden oder im Frühling, wenn die Bäume blühen. Aber auch bei Regen und Schnee treffen wir uns, manchmal wird sogar ganze Nächte lang durchgespielt!
Alles fing in den 1980er Jahren mit einer frankophilen Künstlerclique an, die den Platz einfach als Boulebahn nutzte und ihn dadurch erst als solchen definierte; der Ausbau der Bahn durch die Stadt kam erst danach. Im Laufe der Zeit haben wir uns stärker professionalisiert, d.h. wir sind in Mannschaften organisiert und haben auch schon internationale Turniere ausgerichtet. 1988 hatten wir im Rahmen der Hamburger Städtepartnerschaft mit Marseille einige der wohl besten Boulespieler Frankreichs zu Gast – das war ein unvergessliches Erlebnis! Grundsätzlich sind bei uns aber auch reine Freizeitspieler*innen willkommen, wir sind kein eingeschworener Haufen. –
Das Einzige, was uns hier schon immer fehlt, ist eine bessere Beleuchtung und vor allem eine Toilette. Um die bemühen wir uns seit Jahren vergeblich bei der Stadt. Auch die Ratten sind ein echtes Problem, man sieht sie in Scharen, wenn man mal in den Büschen versprengte Kugeln einsammeln muss. Vielleicht hilft uns bei der Rattenbekämpfung wenigstens der junge Bussard, der hier neuerdings gesichtet wird…“
Autorin: Karen Bo
Geschichte: Dany Berger